Im Rahmen des Anhörungsverfahrens hat die Landesstudierendenvertretung, wie vom Wissenschaftsministerium (MWK) aufgefordert, eine schriftliche Stellungnahme zum Regierungsentwurf des Vierten Gesetzes zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften (4. Hochschulrechtsänderungsgesetz – 4. HRÄG) abgegeben. Die Arbeitsgruppe Landeshochschulgesetz hat sich intensiv mit dem über 100 Seiten umfassenden Entwurf auseinandergesetzt und mit der bisherigen Beschlusslage und den bestehenden Forderungen der LaStuVe abgeglichen. In mehreren Schreibgruppen entstanden so Kommentare zu den wesentlichen für Studierendenvertretungen und deren Interessen relevanten Passagen. Viel Zeit war hierfür nicht – das Beteiligungsverfahren wurde nach Angaben des MWK verkürzt aufgrund der geringen verbleibenden Zeit für das Gesetzgebungsverfahren. Das HRÄG soll zum 01.01.2021 in Kraft treten. Die LaStuVe kritisiert diese recht kurze Kommentierungsphase von vier Wochen, zumal sie sich zudem in der Prüfungs- bzw. Sommerurlaubszeit befindet.
Vorrangig wird die Einführung eines § 62 a LHG scharf kritisiert.
Die LaStuVe lehnt die Einführung des vorgeschlagenen § 62 a Absatz 1-3 vehement ab und fordert diesen zurückzunehmen. In diesem Paragrafen wird eine Regelung getroffen, die den Rektoraten bei sog. Ordnungsverstößen von Studierenden das Recht der Verhängung einer Reihe an Ordnungsmaßnahmen bis hin zur Zwangsexmatrikulation zuspricht.
Auszug aus Stellungnahme der LaStuVe zu 4. HRÄG
Hiermit tut sich eine archaische Justizinstanz bei den Hochschulleitungen auf. Eine solche Gerichtsbarkeit hatte man gehofft, vor einem halben Jahrhundert überwunden zu haben. Würde dieser Paragraf so eingeführt, so wäre dies ein historischer Rückschritt der Bürger*innenrechte aller Studierenden Baden-Württembergs und eine Einladung zur Willkürjustiz an Hochschulen. Die Regelung stellt eine Aushebelung des Gewaltenteilungsprinzips dar – Hochschulleitungen würden als Kläger*innen unmittelbar auch zu Richter*innen werden.
Auszug aus Stellungnahme der LaStuVe zu 4. HRÄG
Darüber hinaus werden Änderungen an § 65 a LHG kritisiert, die sich auf das Legislativorgan der Verfassten Studierendenschaften bezieht. Dieses solle sich künftig „nach demokratischen Grundprinzipien in parlamentarischen Strukturen“ organisieren, was als Angriff auf das Modell der Studierendenräte gewertet wird.
Die LaStuVe lehnt die Änderung von § 65 a Absatz 3 in dieser Form ab. Hier ist nicht klar, was die Auswirkungen dieser Änderungen auf die existierenden Kollegialorgane sein würden. Wir fordern an dieser Stelle Rechtssicherheit für Studierendenräte zu schaffen, die auf der Entsendung von demokratisch legitimierten Mitgliedern aus den dezentralen Organen der Studierendenschaft beruhen. Es existieren durchaus Studierendenschaften, deren Studierendenrat ausschließlich aus Vertreter*innen der Fachbereichsvertretungen besteht. Dieses Modell, welches schließlich im Rahmen der konstituierenden Satzungsgebung von den Studierenden selbst gewählt wurde, würde mit dem Gesetzentwurf zum allenfalls geduldeten Sonderfall degradiert werden.
Auszug aus Stellungnahme der LaStuVe zu 4. HRÄG
Weiter geht die LaStuVe in der Stellungnahme auf einige andere Stellen des Entwurfs ein und lobt auch einige der vorgesehenen Neuerungen, bemängelt aber die zu kurz gekommene Gleichberechtigung und Gleichstellung der Geschlechter sowie Aspekte des Klimaschutzes und Zusammensetzung der Gremien der Studierendenwerke.
Die Landes-ASten-Konferenz (LAK) hat die Stellungnahme am 23.08.2020 beschlossen. Die Frist der Einreichung beim MWK läuft am 26.08.2020 ab. Viele weitere Verbände sind ebenfalls um Stellungnahme gebeten, so auch die bundesweite Studierendenvertretung fzs (freier zusammenschluss von student*innenschaften)